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Rückblick – Berliner ENERGIETAGE 2018

Rund 80 Interessierte lockte der Vortragsblock der Effizienzhaus Plus Initiative des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat am dritten Tag der Berliner ENERGIETAGE 2018 in das Ludwig-Erhard-Haus und stellte sich dem Thema „Effizienzhaus Plus weiter denken – Impulse setzen“. Nach sieben Jahren Forschungsförderung der Forschungsinitiative Zukunft Bau wurde entsprechend den Fragen nachgegangen, in welche Richtung sich der Effizienzhaus Plus Standard in Zukunft entwickeln wird, welche Potentiale und Herausforderungen sich bei der Markteinführung im Neubau und Bestand stellen werden sowie die Perspektiven, die sich für das Effizienzhaus Plus ergeben können.

Peter-M. Friemert, ZEBAU GmbH und Vertreter des Informations- und Kompetenzzentrum für zukunftsgerechtes Bauen (IKzB), begrüßte die weiteren ReferentInnen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) sowie der Ingenieurgesellschaft für Energie-, Gebäude- und Solartechnik mbH (EGS-plan GmbH) und das Publikum mit einem kurzen Abriss der vergangenen Jahre und der aktuellen Situation im IKzB.

Daran anknüpfend führte er mit dem Blick auf den deutschen Markt in den Stand der Baupraxis des Effizienzhaus‘ Plus ein und beleuchtete einige der 37 Projekte mit Effizienzhaus Plus Standard, die repräsentativ für nachhaltige Impulse der Bau- und Wohnungswirtschaft der letzten Jahre stehen. Als besondere Herausforderungen im Wohnungsbaubestand verwies er auf sich verändernde Rahmenbedingungen durch den demografischen Wandel sowie den steigenden Wohnraumbedarf unserer Gesellschaft. Entsprechend beeinflussen diese Aspekte zukünftig auch die Nachfrage bei gebauten Objekten mit Effizienzhaus Plus Standard. Zudem beklagte Peter-M. Friemert die vielfältigen Begrifflichkeiten rundum hochenergieeffiziente Gebäudestandards und deren schlechte Vergleichbarkeit. Abschließend hob Friemert hervor, dass sich das IKzB als unabhängige Netzwerkstelle einsetzt, um den Expertenaustausch zu ermöglichen und den Informationstransfer zwischen allen am Bau beteiligten Akteuren zu fördern.

Im Anschluss ergriff Prof. Dr. M. Norbert Fisch von EGS-plan GmbH/TU Braunschweig das Wort. Aus Norbert Fischs ingenieurwissenschaftlicher Sichtweise behandelte sein Beitrag die Technologien und Konzepte am Beispiel der AktivPlus-Häuser. Danach sei ein ganzheitlicher Gebäudeansatz mit reduziertem Einsatz von Gebäudetechnik erforderlich, um zu einer planerischen Vereinfachung und wirtschaftlichen Optimierung zu gelangen. Anhand verschiedener Projektbeispiele zeigte er auf, dass auch Effizienzhäuser Plus keine Hightech Gebäude darstellen müssen. Sein Credo war dabei immer wieder: „Keep it simple!“. Entstehende Mehrkosten jedoch seien plausibel erklärbar: Klimaneutralität sei eben nicht kostenneutral zu erreichen. 

Heike Erhorn-Kluttig vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik Stuttgart stellte in ihrem Vortrag die Potentiale und Hemmnisse des Effizienzhaus Plus Standards auf dem Weg zur Klimaneutralität vor. Die Begleitforschung ermittelte die CO2-Minderungspotentiale von Effizienzhäusern Plus im Wohnungsbau und konnte dabei bereits eine Einsparung von 50 kg CO2äq./m2a im Neubau gegenüber dem EnEV-Niveau sowie 120 kg CO2äq./m2a bei der Sanierung feststellen. Als Hemmnisse wurden insbesondere die erhöhten investiven Kosten angesehen. Vereinzelt wurden darüber hinaus Vorbehalte gegenüber der Bilanzierungsmethode, den hemmenden rechtlichen Aspekten, erhöhte Anforderungen bei der Planung und Ausführung sowie der Nutzung genannt. Auch fehle dem Effizienzhaus Plus Standard noch die rechtliche Legitimation als Erfüllungsoption in der EnEV. Es gäbe viele Ansätze diese Hemmnisse abzubauen, jedoch auch noch erheblichen Handlungsbedarf.

Daran knüpfte Dr. Arnd Rose, BBSR Bonn, an und erläuterte die Zukunftsperspektiven des Effizienzhaus‘ Plus aus Sicht der (Bau-)Forschung. Drei Ziele seien dabei im Fokus: 

  1. Der Beitrag zum nahezu klimaneutralen Gebäudebestand mit der bereits technischen Machbarkeit: und viele gebaute Beispiele bereichern den Bestand.
  2. In der Bilanzierung über Gebäude-Lebenszyklusanalysen überwiegen die Vorteile der eingesparten und am Gebäude erzeugten Energie gegenüber den Mehraufwendungen für Anlagentechnik und Gebäudehülle beim Effizienzhaus Plus deutlich.
  3. Der Markt verlangt gute Architektur zu bezahlbaren Preisen. Leider sind Förderprogramme darauf selten zugeschnitten oder unattraktiv.

Hierbei visualisierte er zwei Szenarien des Effizienzhaus‘ Plus: zum einen als Einzelgebäude in der Breitenanwendung am Markt und zum anderen die lokale Vernetzung im Quartier mit dem Effizienzhaus Plus als Teil des Gesamtsystems. Dabei enthält die lokale Vernetzung vielfache Anreize, sowohl von Seiten der Wirtschaftlichkeit als auch der Effizienz. Dr. Rose plädierte für einen holistischen Ansatz zur Weiterentwicklung des Standards. Jedoch gibt es auch einige Herausforderungen im Ansatz der lokalen Vernetzung, die nicht allein aus der Gebäudeperspektive zu lösen sind. So müssen rechtliche, wirtschaftliche und soziale Aspekte gleichermaßen betrachtet werden.

Die abschließende Podiumsdiskussion mit den ReferentInnen gab die Möglichkeit zum Austausch mit dem Publikum und die angesprochenen Themen zu diskutieren. Hier wurde zunächst auf die These „keep it simple“ eingegangen: inwiefern technikreduziertes Planen und Bauen für einen Ingenieur nicht einen Widerspruch darstellt. Des Weiteren sprach das Publikum die Lebenszykluskosten eines Effizienzhaus Plus an und fragte nach Erkenntnissen aus dem Netzwerk. Vor dem Hintergrund der anstehenden Verschärfung der Datenschutzrichtlinien wurden Aspekte des Monitorings erörtert. Die lebhafte Diskussion endete mit der Botschaft, dass der fortgesetzte intensive Austausch aller Beteiligten die Zukunftsperspektiven des Effizienzhaus Plus unterstützt.